Positive Impact

25/07/2023

Paradigmenwechsel: Unternehmensbewertung nach neuen Maßstäben

Quadpacks Chief Impact Officer Tim Eaves spricht über Herausforderungen und Chancen bei der Bewertung des Einflusses von Unternehmen auf alle Stakeholder

Jede Unternehmenstätigkeit wirkt sich nicht nur auf die jeweilige Industrie, sondern auf alle Stakeholder aus – von der Belegschaft über das direkte Unternehmensumfeld bis hin zur Umwelt. Die Folgen des wirtschaftlichen Handelns zu bewerten und zu messen rückt über alle Branchen hinweg zunehmend in den Fokus von Unternehmen – auch im Bereich der Kosmetikverpackungsindustrie. Dass Quadpack diese Herausforderung sehr ernst nimmt, beweist die Nominierung des Mitbegründers und ehemaligen Geschäftsführers Tim Eaves für die neu geschaffene Position des Chief Impact Officer. Hier verrät er uns mehr über seine neue Funktion und was sie für eine Welt im Wandel bedeutet.

Es wird viel über „Impact“ geredet, aber was genau ist damit gemeint?

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass alle unsere Aktivitäten einen negativen oder auch positiven Einfluss auf andere Dinge oder Menschen haben. Meist denken wir dabei in erster Linie an Produkte, Herstellungsverfahren und CO2-Fußabdruck, doch müssen alle unternehmerischen Aspekte in gleicher Weise Berücksichtigung finden. Auch unsere Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, Mitarbeitenden und Gemeinden an unseren Unternehmensstandorten spielen eine große Rolle für die Sozial- und Ökobilanz des Unternehmens. Mikroplastik in der Kosmetik, Ressourcenverschwendung, hohes Abfallaufkommen oder kein konsequent ökologisches Verpackungsdesign: Die Schönheitsindustrie weiß sehr wohl um ihre negativen Auswirkungen auf den Planeten. Doch übt sie mit ihren Produkten auch einen positiven Einfluss auf das persönliche Wohlbefinden der Verbraucher aus. Als wichtiger Akteur dieser Branche sind wir dafür verantwortlich, aktiv zu werden, um eine ausgeglichene, faire und regenerative Wirtschaft mit positivem Einfluss auf Gesellschaft und Umwelt zu schaffen.

Wurde deshalb die Stelle des CIO bei Quadpack neu geschaffen?

Ja genau, denn unserem Unternehmen lagen soziale und ökologische Belange immer schon am Herzen. Seit unseren Anfängen verfolgen wir eine nachhaltige Unternehmenspolitik, die auf allen Ebenen ansetzt und Wirtschaftlichkeit mit unternehmerischer Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt verbindet. Die Gründung der Quadpack Foundation im Jahr 2016 war unsere Art und Weise, uns für die Regionen, in denen wir tätig sind, zu engagieren. Wir führten strukturelle Veränderungen zur Reduktion unseres ökologischen Fußabdrucks durch und haben bereits Pläne entwickelt, um eine positive Ökobilanz zu erreichen. Eine wichtige Etappe dabei war die B-Corp-Zertifizierung im letzten Jahr, die darauf abzielt, einen regelrechten Schneeballeffekt in der Branche auszulösen. Unsere Aufgabe ist es, die Bedeutung sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens aufzuzeigen.

Muss ein B-Corp-Unternehmen unbedingt einen eigenen Chief Impact Officer haben?

Nein, natürlich nicht. Doch sind nicht alle Geschäftsführer von B-Corp-Unternehmen so engagiert, wie sie es sein könnten. Ich möchte sie dazu inspirieren, sich als Aktivisten zu verstehen, die sich für Nachhaltigkeitsbelange stark machen und anderen als Vorbild dienen.

Was sind Ihre Aufgaben als CIO?

Zusammen mit anderen gleichgesinnten Unternehmer*innen der Community arbeite ich über Organisationen wie B Corp, B for Good Leaders, der B Beauty Coalition, Conscious Capitalism, ACCIO Valor Compartido, Barcelona Board 2030 und Ship2B als Multiplikator, Impulsgeber und Aktivist. Alle diese Vereinigungen leisten einen wertvollen Beitrag für Umwelt und Gesellschaft. Als CIO helfe ich dabei, Initiativen zu stärken und positive Veränderungen innerhalb der Kosmetikbranche und darüber hinaus zu beschleunigen. In der Menge liegt die Kraft – es gilt daher, die kritische Masse zu erreichen, um einen wahren systemischen Wandel voranzutreiben.

Ist die Industrie bereit, an den Umweltfolgen ihrer Aktivitäten zu arbeiten?

Auf jeden Fall. Ich beobachte ein wachsendes Bewusstsein für die sozialen und ökologischen Folgen unternehmerischen Handelns. Doch wissen viele Wirtschaftsakteure nicht, wie sich Veränderungen im eigenen Unternehmen durchsetzen lassen. Wenn sich diese Leute zusammenschließen, werden sie mutiger und eher dazu bereit, neue Dinge auszuprobieren. Sie tauschen sich über Misserfolge aus und erzählen, was funktioniert hat und was nicht. Das Leben ist nicht perfekt. Viele streben danach, gut und noch besser zu werden, sind sich aber nicht sicher, wie dies erreicht werden kann.

Wie ist es also möglich, einen positiven Einfluss zu schaffen?

Zuerst muss erkannt werden, wo die negativen Auswirkungen des Unternehmens liegen. Im nächsten Schritt geht es darum, diese zu minimieren und sich dann darauf zu konzentrieren, positive Veränderungen herbeizuführen. Der Weg dahin ist schwierig, zumal es keinen klaren Fahrplan für die richtige Vorgehensweise gibt. Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel. Vor uns liegt eine neue Welt, und wir wissen noch nicht, was sich auf der anderen Seite befindet.

Derzeit wird an vielen spannenden Initiativen gearbeitet. So betreiben B Lab und die B Beauty Coalition aktive Lobbyarbeit für Sozial- und Umweltpolitik. Zu beobachten ist auch, dass sich B-Corp-Bewertungskriterien allmählich sogar bei solchen Unternehmen durchsetzen, die gar nicht zur B-Corp-Community gehören. Den Grundstein für eine fairere Form des Kapitalismus will die in der Schweiz basierte Organisation Economics of Mutuality legen, die Methoden entwickelt hat, um gewinnorientiertes und verantwortungsvolles Unternehmertum miteinander in Einklang zu bringen. Und schließlich arbeitet das Forscherteam des Esade Center for Social Impact (ESCI) in Spanien an Kennzahlen zur Bemessung der sozialen und ökologischen Auswirkungen von unternehmerischem Handeln. Alles sehr interessante Ansätze, die jedoch ein sehr breites Spektrum umfassen. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen manchmal den roten Faden verlieren.

Wie soll es nun weitergehen?

Zunächst einmal muss sich das Verständnis durchsetzen, dass sich eine Unternehmensführung, die sich am Nutzen für alle orientiert, nicht zwangsweise negativ auf den Geschäftserfolg auswirkt – zumindest nicht auf lange Sicht. Wie man so schön sagt, braucht uns der Planet nicht, um zu überleben, und Mutter Natur kann sehr gut für sich selbst sorgen. Die Frage ist also, ob wir dazu bereit sind, auf kurzfristigen Profit zu verzichten, um unser eigenes Überleben langfristig zu sichern. Planet und Profit können Hand in Hand gehen und unseren unternehmerischen Erfolg sogar befeuern, doch müssen wir dafür aus herkömmlichen, wettbewerbsorientierten Verhaltensmustern ausbrechen und uns für ein wirtschaftliches Umdenken engagieren. Es geht darum, Kräfte zu bündeln, um positive Veränderungen herbeizuführen.

Wichtig ist, dass Industrie, Analysten, Universitäten, Verbände und Kommunen an einem Strick ziehen und ihre kollektiven Anstrengungen aufeinander abstimmen. Die Gesetzgebung wird allmählich nachziehen, doch liegt es an uns, die Initiative zu ergreifen und aus eigener Überzeugung zu agieren. Mit der positiven Energie, die überall zu spüren ist, gibt es keinen Grund – und auch keine Zeit mehr, noch länger zu warten. Die Ernennung eines oder einer eigenen Nachhaltigkeitsbeauftragten für das Unternehmen ist zum Beispiel ein erster Schritt in die richtige Richtung.

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