Positive Impact

31/05/2023

Alles Wissenswerte zum Entwurf der neuen EU-Verpackungsverordnung

Susanna Casanovas, Abfallmanagerin von Anthesis Lavola, bietet Orientierungshilfe rund um die Maßnahmen und Ziele der vorgeschlagenen Verordnung der Europäischen Kommission

Das Aufkommen an Verpackungsabfall in Europa hat sich in den letzten zehn Jahren – insbesondere bei Einwegverpackungen – trotz steigender Recyclingquoten um ganze 20 % erhöht¹. Problematisch sind vor allem verschwenderische und überflüssige Verpackungen, der zunehmende Anteil nicht recyclingfähiger Verpackungen, der sehr geringe Rezyklatanteil sowie irreführende Etiketten, die den Verbrauchern die Abfalltrennung erschweren. Die vorgeschlagene EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (EU-VerpackVO) bietet sinnvolle Lösungsansätze, doch welche Auswirkungen hat die neue Regelung für Marken und Verpackungshersteller? Susanna Casanovas, Abfallmanagerin bei Quadpacks Entsorgungspartner Anthesis Lavola, gibt Antworten auf einige Schlüsselfragen.

Was genau ist die EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle und welche Ziele hat sie?

Die EU-Verpackungsverordnung ist einer der Grundpfeiler des europäischen Green Deals zur Förderung der Kreislaufwirtschaft. Der neue Entwurf wurde am 30. November 2022 veröffentlicht und tritt voraussichtlich gegen Ende 2024 in Kraft. Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen werden unter anderem folgende Ziele verfolgt:

• Vermeidung und Verringerung von Verpackungsabfällen durch die Einschränkung überflüssiger Verpackungen und die Verpflichtung der Unternehmen, bei Möglichkeit Wiederverwendungs- und Nachfüllsysteme zu nutzen.

• Förderung der wirtschaftlich tragfähigen Recyclingfähigkeit aller Verpackungen in der EU bis 2030 durch die Festlegung von Designanforderungen für die Verpackung, obligatorische Pfand- und Rücknahmesysteme sowie die Kennzeichnung recycelbarer Verpackungen mit standardisierten Symbolen.

• Sichere Erhöhung des Anteils an recycelten Materialien durch die Einführung verbindlicher Quoten für neue Kunststoffverpackungen.

Gilt für alle EU-Länder dieselbe Verordnung?

Bei dieser Regelung handelt es sich um eine für alle Mitgliedstaaten zwingende Bestimmung, die mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft tritt. Sie zielt auf eine stärkere Harmonisierung der Vorschriften ab, um derzeitige Marktverzerrungen aufgrund unterschiedlicher Regelungen in den einzelnen EU-Ländern zu vermeiden. Die Maßnahmen können jedoch durch die einzelnen Mitgliedstaaten ergänzt werden.

Wie werden sich die neuen Vorschriften auf Verpackungshersteller auswirken?

Verpackungshersteller müssen Nachhaltigkeitsanforderungen im Hinblick auf Materialien, Recyclingfähigkeit, Rezyklatanteil, minimiertes Verpackungsgewicht und -volumen, Wiederverwendbarkeit und Kompostierbarkeit erfüllen. Ein Beispiel, das die Kosmetikindustrie betrifft, ist die vorgeschriebene Minimierung des Leerraums von Verpackungen.

Vor dem Inverkehrbringen der Verpackung muss ihre Konformität nachgewiesen werden. Die Verpackung muss außerdem mit einem Etikett versehen sein, das Informationen über die Materialzusammensetzung und den Rezyklatanteil enthält. Für wiederverwendbare Verpackungen ist außerdem ein QR-Code oder ein anderer Datenträger mit Zugang zu einschlägigen Informationen vorgeschrieben. Die Kommission wird ein harmonisiertes Kennzeichnungssystem für Verpackungen und Abfallbehälter sowie ein Verfahren zur Angabe der Materialzusammensetzung einführen.

Welche Konsequenzen ergeben sich für Unternehmen, die Kunststoffverpackungen benutzen?

Verpackungsunternehmen sind von den Verpflichtungen der erweiterten Herstellerverantwortung (ERP) und Anforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit, Kennzeichnung, Markierung und Verbraucherinformationen betroffen.

Die EU-VerpackVO regelt einige Aspekte der ERP-Vorschriften, um durch eine Harmonisierung – auch in Bezug auf den Datenverkehr – Marktverzerrungen und Hindernisse für den freien Verkehr zu vermeiden. Ebenso legt sie einen gemeinsamen Rahmen für Sammel-, Pfand-, Rücknahme- und Wiederverwendungssysteme fest, um gleiche Bedingungen für die auf den jeweiligen Märkten tätigen Unternehmen zu schaffen.

Zur Unterstützung der Überwachung der erweiterten Herstellerverantwortung auf Staatsebene wird eine Registrierungspflicht für Wirtschaftsakteure (Hersteller) vorgeschlagen, wenn sie erstmals Verpackungen auf dem Markt eines Mitgliedstaats bereitstellen. Zudem werden die Gebühren im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung je nach Recyclingfähigkeit der Verpackung angepasst, wobei ab 2035 erhöhte Schwellenwerte gelten.

Welche Investitionen sind notwendig?

Da unternehmerische Veränderungen auf strategischer Ebene durchgeführt werden müssen, ist nicht eine einzelne Investition, sondern vielmehr ein langfristiges Engagement gefordert. Die anfallenden Kosten hängen größtenteils von der jeweiligen Branche und den Maßnahmen ab, die bereits im Vorfeld ergriffen worden sind. Hersteller von Einwegverpackungen werden am stärksten betroffen sein. Doch der Übergang zu nachhaltigen Verpackungen wird sich in Zukunft bezahlt machen. Von der Kommission beauftragte Studien gehen davon aus, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zu einer verbesserten Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit aufgrund eines einheitlicheren Rechtsrahmens innerhalb der EU führen, wodurch technologische Fortschritte erleichtert und wirtschaftliche Einsparungen ermöglicht werden.

Gibt es wirtschaftliche Anreize für den Einsatz von biobasierten Materialien?

Die Mitteilung über einen politischen Rahmen der EU für biobasierte, biologisch abbaubare und kompostierbare Kunststoffe, die im November 2022 veröffentlicht wurde, soll das Verständnis für diese Materialien verbessern und klarstellen, ob diese Kunststoffe wirklichen Nutzen für die Umwelt bringen können. Generell fördert die Initiative eine stärker kreislauforientierte Kunststoffwirtschaft, die alle Ausgangsstoffe einbezieht und deshalb keine speziellen Anreize für biobasierte Kunststoffe bietet. Die Mitteilung trägt stattdessen zur Entwicklung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte bei, wie etwa die ordnungsgemäße Verwendung und Entsorgung biologisch abbaubarer und kompostierbarer Kunststoffe sowie die Bedingungen für einen biologischen Abbau.

Wie viel Zeit haben Unternehmen für die erforderlichen Anpassungen?

Derzeit ist die EU-VerpackVO lediglich ein Vorschlag, dessen Ziele größtenteils für die Jahre 2030 und 2040 festgelegt sind. Jedoch benötigen die betroffenen Sektoren eine progressive und flexible Einführungsphase. Eine intensive und effiziente Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand und innerhalb der Wertschöpfungskette ist unverzichtbar, um die erforderlichen Instrumente und Infrastrukturen zu entwickeln.


¹ Europäische Kommission (2022)

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